
Samstag, 25. Oktober 2008
Epilog

Freitag, 24. Oktober 2008
Höchste Zeit für das Web 2.1
Die Idee, weil die besten drei Seiten des diesjährigen Wettbewerbs eines deutlich gezeigt haben: dass nicht Budget oder Technik über den Gehalt einer Website entscheiden, sondern allein das Konzept. Wenn es gut ist und sich knapp und klar vermitteln lässt, wenn die Website mit ihren gestalterischen und technischen Mitteln diesem Konzept folgt und auf alles, alles!, verzichtet, was nicht zwingend im Dienst der Ursprungsidee steht, dann hat sie das Zeug, wirklich gut zu werden. Drei Seiten machen dies klar: mx3, der Dokublog und Gaza Sderot.
Das Web, weil sich die in den vergangenen Jahren mit schon fast messianischem Eifer geführte Debatte über das Web 2.0 und den Wert von Publikumsbeiträgen beruhigt hat. Da ist wieder viel mehr von Publizistik, von journalistischer Kompetenz die Rede, von der Notwendigkeit, Publikumsbeiträge in Wort, Audio und Video sorgfältig zu betreuen und nur dann für journalistische Zwecke oder gar als Quellen einzusetzen, wenn sie journalistisch beurteilt und sorgfältig redigiert werden.
Die Hysterie um das Web 2.0 scheint, bei aller Wertschätzung einer dazugewonnenen Interaktivität, einer gesunden Abgeklärtheit zu weichen. Endlich. Es wird Zeit für das Web 2.1.
Warum Deutschland?

Fazit: Gelungene Websites brauchen nicht immer die Jahrhunderteingebung und die beste Technik des Universums. Manchmal reicht auch einfach die klare, einfache Idee. Vielleicht nicht für einen Prix Europa, aber doch für einen halbhoch gereckten Daumen.
Desperately seeking for YOU

Fazit: Eine weitere Folge der Reihe "Fernsehen macht Jagd auf Handyvideos und Hörerbindung". Immerhin: Die Grafik ist leidlich originell.
Eine ziemlich einfache Geschichte

Die Story ist nicht fiktiv: es ist die Geschichte von Manuel Bravo, wie sie kurz von der BBC vermeldet wurde. Der Versuch des slowenischen Kollegen allerdings, aus Bravo einen Helden (sic!) in unserer ach so unheldenhaften Welt zu machen, berührt in seinem Pathos peinlich.
Nein. Kein Daumen. Aus Respekt vor dem unbekannten Angolaner.
Die Wahrheit über das schwedische Fernsehen

Die Story: Jedes Jahr verschwinden Hunderte von Schwedinnen und Schweden spurlos, eine davon ist die junge Schwedin Marika. Wohin verschwinden sie? Werden sie entführt in eine unsichtbare Parallelwelt? Eine Geschichte im Dunkel von Geheimdiensten und dunklen Mächten? Mit Wissen höchster Regierungsstellen und gar des schwedischen Fernsehens?
Die Macher zielten auf eine stark multimediale Rückkopplung: Alle Figuren der TV-Serie waren für das Publikum erreichbar - per Telefon, E-Mail, Web. Die Publikumsresonanz war enorm, was den Machern Stoff für Live-Events, für Reportagen und Diskussionsrunden lieferte. Zusätzliche Websites (eine angebliche Sicherheitsfirma, eine angebliche Geheimgesellschaft etc.) mit aufwändigen Rätseln und Suchspielen (missions) verrätselten die verwinkelte Story zusätzlich und befeuerten die Boulevardfernsehmaschinerie immer weiter. Die letzte TV-Folge schliesslich bestand ganz aus dramatisierten Beiträgen des Publikums.
Fazit: ein landesweites, schizophrenes Vexierspiel nach dem Muster einschlägiger Groschenromane. Alles in allem seichte Unterhaltung, wenngleich auf höchstem Niveau.
Web 1.0. Vor allem Punkt null.

Fazit: Eine Website, tatsächlich.
Im Schatten der Gewalt

Mit einer täglichen Ausstrahlung während 60 Tagen versuchen die Filmer, das Leben der Menschen zweier Städte zu dokumentieren, die zwar immer wieder in den Schlagzeilen auftauchen, die aber niemand kennt. Die Filme stellen den Alltag von je sechs in Gaza und Sderot lebenden Menschen dar; auf Arte werden ab Montag, 27. Oktober 2008, täglich je ein Porträt ausgestrahlt. Die Filme sind auch zeitlich höchst authentisch - sie werden dabei am Vorabend oder am Morgen des jeweiligen Sendetages gedreht, unmittelbar danach geschnitten, untertitelt und gesendet.
Die Website besticht durch die Umsetzung dieses Konzepts: Die Filme werden in einem Flash-Player abgespielt, der nicht einen, sondern vielmehr zwei Filme aufnimmt - je einen aus Gaza und Sderot. Diese simultane Abspielmöglichkeit soll Gleichzeitigkeit und Trennung, Zwangsnachbarschaft und Unmöglichkeit des Dialogs visualisieren. Die fünfsprachige Plattform (israelisch, arabisch, deutsch, französisch, englisch, einschliesslich der Untertitelung der Filme!) wird ergänzt durch Satellitenkarten, auf denen die jeweiligen Örtlichkeiten dargestellt werden.
Fazit: In Konzept, Funktionalität und Umsetzung ist die durchgängig in Flash gehaltene Site grosse Klasse. In ihrer Direktheit und Kompromisslosigkeit ist sie ebenso faszinierend wie beklemmend. Herausragend.
Tom Waits, blogging
Donnerstag, 23. Oktober 2008
Zielübungen für ABC-Schützen

Fazit: Nette, aber nicht unproblematische Gratwanderung zwischen Unterhaltung und didaktischem Anspruch.
Gay oder Gangster?

Zielpublikum von Serie und Site sind Erwachsene. Die Website dient in erster Linie als Abspielplattform für die Folgen (inkl. Downloadmöglichkeit für Handys); und doch enthält sie eine ganze Reihe origineller Seiteninhalte: einen wortbasierten Fluchgenerator, ein Streetfighter-Game, ein Gay-/Gangster-Quiz, Soundtracks, Handyklingeltöne, Links zu den Myspace-Auftritten der Comicfiguren(!). (Anmerkung am Rande - online first: Die 10 Minuten kurzen Folgen wurden jeweils 24 Stunden vor der TV-Ausstrahlung im Web publiziert.)
Fazit: Mächtige Site in einem Zusammenhang mit einer zweifellos gelungenen, provokativen Trickfilm-Satireserie. Nett.
Jeder sein eigener Kriminalinspektor

KDD ist denn auch weniger Website als vielmehr Computerspiel. Das enorm aufwändige Flash-Interface entspricht modernen fotorealistischen Adventure-Games. Fazit: eine beeindruckende Mischung aus Film, Point-and-click und Adventure. Webtechnisch bahnbrechend. Nur - so what? Service public?
Die Welt der Tiere, ins Netz geholt

Bemerkenswert ist das attraktive On-demand-Format der Radiosendungen im Web: Audio in Form von Videostreams, unterlegt mit Fotos (Tieraufnahmen, aber auch Aufnahmen der Radioreporter), mit Filmausschnitten bis hin zu Handyvideos. Spannend sind auch die surroundings der Site: Da werden zum Beispiel, unter dem Label "World Class", Schulen miteinander verbunden, die auf der Route solcher Migrationen liegen, quer über Kontinente und Kulturen hinweg.
Das Ziel der Site ist laut den Machern nicht nur das Abbilden von BBC-Produktionen im Netz, sondern ebenso die Möglichkeit, Radio BBC 4 im Bereich Natur um passende, stimmige Optik und um sinnvolle Interaktivität mit einem Publikum in aller Welt zu erweitern. Fazit: Klar fokussiert, vergleichsweise unprätentiös in der Erscheinung, doch technisch gelungen umgesetzt. Service public à la BBC eben. Eindrucksvoll.
Pascals Tagebücher: Eintauchen in die Geschichte

Fazit: stark crossmediale, thematisch klar fokussierte, technisch ausgesprochen gelungene Geschichtsdarstellung am Fernsehen und im Web. Daumen hoch. Sehr hoch.
Suche nach einem verrosteten Panzer

Trotz der vielen im Spiel auftretenden (Alibi-)Experten: Eine differenzierte Geschichtsbetrachtung ist die Sache des Projekts nicht. Die Seite strotzt nur so vor Pulverdampf und Glorifizierung. Dass sie ausserdem gut in die Landschaft des tschechischen Nationalismus passt, ist mit Sicherheit nicht unbeabsichtigt. Fazit: Aufwändig, aber höchst fragwürdig. Was diese Panzersuche mit service public oder mit Radio zu tun hat, bleibt im Dunkeln.
PS: Dass Firefox mit der Flashpracht nur schlecht zurechtkommt, ist auch keine Empfehlung. "Optimiert für MSIE" gehört in den Abfalleimer der Webgeschichte. Die Site ebenso.
Mittwoch, 22. Oktober 2008
Ein Atlas für die Literatur

Die bisher rund 130 nordischen Autorinnen und Autoren werden auf einer zeitlich gegliederten "Landkarte" dargestellt (die Verbindungslinien markieren dabei literarische Einflüsse), mit Kurzbiografien und Literaturlisten (einschliesslich Ratingfunktion) und, natürlich, mit Audio- und Videoclips aus den Archiven der beteiligten Radio- und Fernsehstationen.
Fazit: Ein Archiv-Interface der Sonderklasse, das allerdings eher zu medialen Entdeckungsreisen verführt, als dass es zum Lesen einlüde. Denn ausgerechnet das, was man dazu bräuchte, fehlt vollständig: Texte.
Let it roll: mx3

Radiofeature, Version 2.0

Einmal mehr: das vermaledeite Copyright. SWR 2 beschäftigt eigens Studenten, deren Aufgabe es ist, alle hochgeladenen Files auf allfällige Urheberrechtsverletzungen hin zu überprüfen. Auch die Nutzerzahl bleibt, verglichen mit dem Web-Mainstream, sehr bescheiden. Dennoch mein Fazit: So könnte das Radiofeature des Zukunft aussehen - Dokublog ist originell, technisch ausgereift, hervorragend gestaltet. Echt beeindruckend.
Website, made in Finland

Eindruck: Funktional, aber bestenfalls schlicht. Eine Radio- und Fernseh-Website in der Version 1.0 halt.
Klassik auf katalonisch

Cat.classica verfügt nach eigenen Angaben über alle erforderlichen Rechte, kommerzielle Tonträger zu streamen und teils gar als Download anzubieten; Verträge mit wichtigen Orchestern der Region sichern dem Projekt angeblich alle Rechte an Konzertaufnahmen zu. Auch wenn mir die Rechtesituation von Cat.classica reichlich wacklig zu sein scheint - die Gretchenfrage bleibt: Was ist eigentlich katalanisch an einem Beethoven-Streichquartett, das zufällig von Barcelonesen gespielt wird?
Mission impossible

Schatten der Vergangenheit

Das Web ist überall

PS: Der Prix Europa steht bei rund 29 Prozent. Meine Konzentration erst bei deren 61. Noch einen Kaffee, bitte.
Dienstag, 21. Oktober 2008
Die ganze Pracht von Flash


Grosse Websites II

Seitenthema: Dass die BBC die grossen Web-2.0-Sites trotz abertausendfacher Verstösse gegen die Urheberrechte rege nutzen lässt, ist bekannt. Dass sie aber auch um eine aktive Rolle auf diesen neuen Plattformen ringt, zeigt zum Beispiel ihr eigentümlich halbherziger Auftritt in Facebook.
Grosse Websites

Dagegen: Sites wie MovieStorm, mithilfe dessen sich - ohne Kamera, sondern mittels kostenloser Software und Creative-Commons-Grafiken - eigene Trickfilmepisoden erstellen und hochladen lassen, oder auch der National Novel Writing Month waren explizit keine BBC-Projekte: Hier hört nach dem Verständnis der BBC die Rolle des öffentlichen Rundfunks auf.
Elektrischer Strom
Haute cuisine
Ode an das Streaming

Kozamernik mach keinen Hehl aus einer grossen Schwachstelle der P2P-Technologie: ihr Ruf. Grund: Alle frühen P2P-Vorreiter (prominentestes Beispiel: Napster) sind an der geltenden Rechtesituation (bzw. an der Rechteverletzung durch die User) gescheitert. P2P soll daher ausschliesslich für die Distribution von Inhalten genutzt werden, deren rechtliche Situation völlig geklärt ist. Nur so lässt sich der Ruf von P2P als kostengünstige, leistungsfähige Verbreitungstechnologie wiederherstellen.
Montag, 20. Oktober 2008
Grosse Geschichte
Bei soviel Geschichtsträchtigkeit ist auch nicht verwunderlich, dass mit Notebooks bewehrte Kollegen mit Argwohn betrachtet und die wenigen öffentlichen Web-Terminals in einen Korridor im zweiten Stock verbannt werden. "Emerging Media", fürwahr: In diesem Haus zählt das Internet noch nicht so richtig zur Mediengegenwart.
P.S. in Sachen existentialistischer Turnübung des Doktor Murke - im Inneren der Pater-Noster-Kabinen steht zu lesen: "Keine Gefahr! Die Weiterfahrt durch Keller und Dachboden ist völlig ungefährlich!"
Grosse Ereignisse
Während in besagtem Haus des Rundfunks also allüberall Radio- und Fernsehempfänger stehen und sich regen Zuspruchs erfreuen, ist das Internetzeitalter in den hehren Mauern noch nicht so recht angekommen. WLAN gibt's nicht - zumindest laut offizieller Auskunft. Mein handliches Taschen-Web lässt sich als Geigerzähler verwenden, und im zweiten Stock werde ich fündig. Ein Stuhl, mein Notebüchlein auf den Knien, Kamera-Chip zwischen den Zähnen, voilà. Blogging in extremis.
Doch einen Vorteil hat es, dass das Web noch so jung ist: Man kennt sich, selbst an einem solchen Wettbewerb. Ich habe knapp das Haus des Rundfunks betreten, da tönt es laut und vernehmlich: "Viel zu früh, viel zu früh - hallo Thomas!". Am Empfang steht grinsend François Smit, die Seele des Web-Wettbewerbs. Die Welt ist ein Dorf.
A propos grosse Ereignisse: Das Internet heisst im hochtrabenden Jargon des Prix Europa "Emerging Media". Ich bin ab sofort mit "Sir" anzusprechen.
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